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Berufsunfähigkeitsrente aus einer rückgedeckten Unterstützungskasse


Bei Verletzung von Mitwirkungspflichten keine Berufsunfähigkeitsrente


Begriffe wie Deckung kennen wir aus dem Fußball. Der „Manndecker“ kümmert sich zum Beispiel rührend um den ihm anvertrauten Stürmer. Der Begriff Deckung kommt aber auch im Versicherungsrecht vor. Die Versicherung deckt z.B. ein bestimmtes Risiko und wird sich selbst bei einem Rückversicherer gegen den Eintritt des Leistungsfalls versichern.

 

Ähnliche Grundsätze können auch im Rahmen der sogenannten betrieblichen Altersversorgung (kurz bAV) vorkommen. Man muss hier die Rechtsbeziehungen unterscheiden, die zwischen zumeist mehreren „Mitspielern“ bestehen. Dies gilt insbesondere, wenn es um Leistungen einer sogenannten rückgedeckten Unterstützungskasse geht.

 

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich im Jahre 2019 mit einem Leistungsfall wegen Berufsunfähigkeit zu befassen.

 

Gesundheitsfragen des Rückdeckungsversicherers nicht beantwortet


Der spätere Kläger hatte sich gegen das Risiko einer Berufsunfähigkeit höher versichern wollen und zwar ohne erneute Gesundheitsprüfung. Er hatte offenbar ein Angebot seins Arbeitgebers im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung so verstanden, dass ihm dieses möglich sei und eine bestimmte Leistungsoption gewählt.

 

Da er die Gesundheitsfragen des Rückdeckungsversicherers trotz Aufforderung nicht beantwortet habe, erfülle der Kläger nicht alle Voraussetzungen nach dem Leistungsplan nach der gewählten Leistungsoption. Darin liege eine Verletzung seiner Mitwirkungspflichten nach dem Leistungsplan bei Abschluss bzw. Durchführung des Versicherungsvertrages mit der Rückdeckungsversicherung, so dass Leistungen nach der gewählten Leistungsoption nach dem Leistungsplan der Unterstützungskasse ausscheiden, so das Bundesarbeitsgericht.

 

Kein Erfüllungsanspruch gegen die Unterstützungskasse


Die Entscheidung ist wohl so zu recht so ergangen. Die Klage war unbegründet. Der Kläger hatte keinen Erfüllungsanspruch gegen die Unterstützungskasse auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente nach der gewählten Leistungsoption.

 

Nur am Rande: Kannte der Kläger tatsächlich wohl die vom Gericht als eindeutig bezeichnete Regelung? Häufig liegen dem Mandanten die maßgeblichen Unterlagen gar nicht vor. Genützt hätte dem Kläger dieses Argument aber wohl nichts, da er seinen Anspruch ja gerade auf (andere) Regelungen des Leistungsplans stützte.

 

Wie begründet das Bundesarbeitsgericht seine Auffassung


Der Kläger wollte die Möglichkeit ergreifen, sich über seinen Arbeitgeber im Rahmen einer Vereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung gegen das Risiko Berufsunfähigkeit ohne erneute Gesundheitsprüfung besser abzusichern. Er war bereits durch eine arbeitgeberfinanzierte Unterstützungskassenzusage im geringen Umfang gegen das Risiko Berufsunfähigkeit versichert.

 

Der Arbeitgeber hatte im Rahmen einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Absicherung und Altersversorgung seinen Mitarbeitern eine Versorgungszusage gegenüber diesen abgegeben. Finanziert werden sollte diese erweiterte Absicherung durch eine durch den späteren Kläger als Arbeitnehmer finanzierte Entgeltumwandlung. Der Kläger wählte als Durchführungswege neben einer Direktversicherung eine Unterstützungskasse. Im Leistungsplan der Unterstützungskasse war u.a. geregelt, dass zur Sicherstellung der im Leistungsplan vorgesehenen Leistungen Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen werden.

 

Dann kam im Rahmen des Abschlusses es zu einer doch etwas unübersichtlichen Korrespondenz zwischen dem Kläger und der Unterstützungskasse.

 

Der Kläger beantwortete aber trotz Aufforderung weder Gesundheitsfragen noch unterzog er sich einer ärztlichen Gesundheitsprüfung.

 

Die Beiträge für die höhere Absicherung wurden dann in der Folgezeit vom Arbeitgeber vom Bruttogehalt des Klägers abgezogen.

 

Es kam wie es kommen musste, der Kläger wurde berufsunfähig und der Streit über die Höhe der Berufsunfähigkeitsleistungen begann.

 

Das Bundesarbeitsgericht lehnte die Leistungen wegen Berufsunfähigkeit unter Hinweis auf folgende Regelung im Leistungsplan der Unterstützungskasse ab (Zitat):

 

„XII. RÜCKDECKUNGSVERSICHERUNG/MITWIRKUNGSPFLICHTEN

  1. Die U-Kasse wird die in diesem Leistungsplan vorgesehenen Versorgungsleistungen durch den Abschluss eines entsprechenden Rückdeckungsversicherungsvertrages sicherstellen. Sämtliche Rechte aus dem Rückdeckungsversicherungsvertrag stehen ausschließlich der U-Kasse zu.
  2. Jeder Begünstigte ist verpflichtet, alle für den Abschluss einer Versicherung notwendigen Unterlagen vorzulegen. Er ist zudem verpflichtet, seine Einwilligung zum Abschluss des Versicherungsvertrages nach § 159 II VVG zu erklären, die Gesundheitsfragen des Versicherers zu beantworten und sich ggf. ärztlich untersuchen zu lassen. Die Gewährung von Leistungen nach diesem Leistungsplan ist ausgeschlossen, wenn der Begünstigte seine Mitwirkung bei dem Abschluss oder der Durchführung eines Versicherungsvertrages verweigert.“

Angesichts der eindeutigen Regelung hätte der Kläger nicht davon ausgehen können, dass die von ihm getroffene Wahl der Leistungsoption mit einer Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos ohne Beantwortung der Gesundheitsfragen verbindlich sein könnte.

 

Soweit der Kläger gestützt auf eine Broschüre geltend mache, dort sei die Möglichkeit beschrieben, eine Berufsunfähigkeitsabsicherung ohne Gesundheitsprüfung auch bei Vorerkrankungen zu erhalten, beziehen sich diese Erläuterungen auf einen bestimmten Fall, dem der Kläger nicht unterfallen würde, so das BAG.

 

Auch würde sich kein Anspruch des Klägers aus der Entgeltumwandlungsvereinbarung und der geführten E-Mail-Korrespondenz ergeben. Keine dieser Erklärungen ließen auf eine Erklärung schließen, dass ein Versorgungsversprechen außerhalb des Leistungsplans zustande kommen soll, so das Gericht.

 

Prozessual interessant ist, dass die Beklagte rügte, nicht die richtige Klagepartei zu sein, also im Juristendeutsch nicht passivlegitimiert zu sein. Ein ziemlich aller Hut!

 

Das Bundesarbeitsgericht dazu (Zitat):

„ Die Klage ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht schon deshalb unbegründet, weil der Beklagte nicht passivlegitimiert ist. Trotz des Ausschlusses eines Rechtsanspruchs bei Unterstützungskassen (§ 1b Abs. Satz 1 BetrAVG, XVII. Leistungsplan LCM) haben Arbeitnehmer in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Leistungen einer Unterstützungskasse versprochen hat, einen Anspruch auch gegen die Unterstützungskasse. Der Ausschluss des Rechtsanspruchs ist lediglich als ein an sachliche Gründe gebundenes Widerrufsrecht zu verstehen (vgl. BAG 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 11; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 69, BAGE 133, 158).“

 

Diesen Kommentar verfasste Rechtsanwalt Jan-Martin Weßels